Foto-Information
Aus der Serie „52 Wochen“
Euriade-Gründer Werner Janssen, Kerkrade 2012
Ist der Realismus ein Idealismus?
Die gnadenlose Präzision der Portraits von Marco Rose reduziert dessen Modelle nur scheinbar auf einen Fetzen Fleisch unter dem Mikroskop. Die übermenschliche – oder muss man sagen: unmenschliche? – Bildschärfe denunziert ihr Objekt nicht, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, sondern mystifiziert es, dramaturgisch höchst wirkungsvoll, zu einem überindividuellen Archetypus des kollektiven Unbewussten.
Das Portrait von Martin Schulz z.B. wirkt nicht wie das eines unter widrigen Realitäten schwankenden Hoffnungsträgers der Sozialdemokratie, sondern wie ein promethischer Halbgott aus antiker Vorzeit, der selbst einen 20 Meter großen Helmut Kohl mühelos im Schlammcatchen besiegen würde.
Bitte notieren: Realismus in seiner extremsten Form, schlägt in sein Gegenteil um: in einen illusionistisch überhöhten Idealismus – Bigger than Life.
Was im gleißenden Licht extremer Nahsicht Marco Roses Fotopapier zu verätzen scheint, ist keine reale, sondern eine lediglich geträumte Natur, nicht bzw., wenn überhaupt, im Reich der Ideen existierend und begehrliche Seitenblicke auf Nietzsches Übermenschen werfend.
Die von einfältigen Betrachtern angesichts der Malerei des Hyperrealismus immer gern gestellte Frage: »Ist das nicht ein Foto?« dreht Marco Rose um: Angesichts seiner hyperrealen Portraits fragt man sich: »Ist das nicht ein Gemälde?«
Foto-Details
Fotograf: Marco Rose
Datum: 2012